150 Jahre verdruckste Schwulen-Politik

Die „Ehe für Alle“ oder Sprechverbot über Homosexualität? Todesstrafe oder Ministerpräsident? Alles scheint möglich, aber die Hälfte spinnt noch immer.

Die Nazis waren Vorreiter der Verfolgung

wie Nigeria und Tschetschenien: Was für seltsame Kombinationen!

Dabei war die SA durchaus in schwuler Leitung gewesen und erst in der „Nacht der langen Messer“ begann die massive Verfolgung, die Gültigkeit des §175 ging dafür über die Adenauerzeit bis fast 1990.

Der Kampf gegen die Verfolgung Karl_Heinrich_Ulrichs

begann vor 150 Jahren durch Karl Heinrich Ulrichs am 29.8.1867 öffentlich zu werden:

Beim Juristen-Kongress im Odeon in München

„… rechne ich es mir zum Ruhme an, dass ich am 29. August 1867 in München in mir den Muth fand, Aug´ in Aug entgegenzutreten einer tausendjährigen, vieltausendköpfigen, wuthblickenden Hydra, welche mich und meine Naturgenossen wahrlich nur zu lange schon mit Gift und Geifer bespritzt hat, viele zum Selbstmord trieb, ihr Lebensglück allen vergiftet. Ja, ich bin stolz, dass ich die Kraft fand, der Hydra der öffentlichen Verachtung einen ersten Lanzenstoß in die Weichen zu versetzen.“

Tobende Juristen

Der Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch nannte Ulrichs wegen dieses bewussten „Coming-out“ und seiner selbstbewussten Haltung den „ersten Schwulen der Weltgeschichte“.[3] Mit seiner Forderung der urnischen Ehe und seiner Idee für einen Urnings-Bund hat er die Forderungen einer emanzipatorischen lesbisch-schwulen Bürgerrechtsbewegung vorweggenommen. (wikipedia)

Grabstelle Karl_Heinrich_Ulrichs wikipedia„Na ja, es hat dann letztlich doch noch etwas länger gedauert… mit der rechtlichen Gleichstellung , ich habe es nicht mehr erlebt, ich… mich zog es zuletzt in die Gefilde, die auch unserem geliebten Platen als letzte Heimat dienten und widmete mich dem Lateinischen und den Lerchen.“

Wiederauflebend: “ Ihr aber, seht wie ihr hier sitzt, wie ihr hier feiert… so ist es zum Schluss doch gelungen! Und ihr habt meiner gedacht mit einem eigenen Platz in München. Und ich kann euch verraten: In Aquila,um meine weiße Grabplatte, steppt heute abend der schwule Bär, und der ist kein Problembär mehr!“


„Er solle doch wenigstens lateinisch sprechen“ und sonstige empörte Ausrufe sind auch im NS-Doku-Zentrum München demnächst wieder zu erleben:

Freitag, 25.08.2017 – Sonntag, 27.08.2017

Festakt zum 150. Jahrestag der Rede von Karl-Heinrich Ulrichs auf dem Deutschen Juristentag in München

und Jahrestagung des Fachverbands Homosexualität und Geschichte (FHG) www.invertito.de

Im Jahr 2017 kann ein besonderes Ereignis der gesellschaftlichen Formierung der bis dahin unterdrückten, ausgegrenzten und verfolgten Minderheitengruppe der Homosexuellen gefeiert werden:

Zum 150. Mal jährt sich der Auftritt von Karl Heinrich Ulrichs am 29. August 1867 vor mehr als 500 deutschen Rechtsgelehrten auf dem Münchner Juristentag im großen Saal des Odeon. fhm_200x200

Ulrichs’ Forderung war revolutionär, da er mit seinem öffentlichen Eintreten für die reichs-einheitliche Straffreiheit gleichgeschlechtlicher Beziehungen einen wesentlichen Beitrag zum Bewusstsein für eine rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung der Homosexuellen leistete.

Programm:
Samstag, 26. August Tagung des FHG

  • Vorträge von Maria Bühner (Mitarbeiterin am Institut für Kulturwissenschaften der Universität Leipzig): Im Aufbruch: Die Lesbenbewegung der DDR aus emotions- und körperhistorischer Perspektive,
  • Raimund Wolfert (Mitarbeiter der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft): Ernst Ludwig Driess. In der Tradition Magnus Hirschfelds,
  • Ariane Rüdiger (Freie Journalistin und Lektorin): Der Münchner Arbeitskreis Lesben und Arbeit – ein Einblick in lesbische Befindlichkeiten „on the job“ in den frühen 1990er Jahren, Kirsten Plötz (Freie Historikerin, Hannover): Zentrale
  • Ergebnisse des Forschungsprojekts über Verfolgung und Diskriminierung im jungen Bundesland Rheinland-Pfalz und Matthias Gemählich (Promovend im Fach Geschichte an der Universität Mainz): Die Verfolgung von Homosexuellen in der NS-Zeit in Nürnberg

Ort: Seminarräume des NS-Dokumentationszentrums, Brienner Str. 34, 80333 München Uhrzeit: 10:00–13:00 Eintritt: frei, bitte am Info-Desk des NS-Informationszentrums nach den Seminarräumen fragen

Stadtrundgang auf den Spuren von Karl Heinrich Ulrichs

Treffpunkt: Karl-Heinrich Ulrichs Platz 15:30–17:30 Eintritt: frei, begrenzte Teilnehmerzahl, Anmeldung: veranstaltungen.nsdoku@muenchen.de; 089-233-67015

Festakt zu Ehren von Karl Heinrich Ulrichs

  • Re-Enactment des Auftritts von Karl-Heinrich Ulrichs vor 150 Jahren im Münchner Odeon durch Laienschauspieler, unterstützt durch eine Theatergruppe
  • Vortrag von Wolfram Setz zur Biografie Karl-Heinrich Ulrichs und zur aktuellen Ulrichs-Forschung
  • Grußwort von Anke Müller-Jacobsen, Vertreterin des Deutschen Juristentags
  • Vortrag von Andreas Pretzel zur Entwicklung des § 175
  • Moderiertes Schlusswort von Betroffenen des § 175

Ort: Vortragssaal des NS-Dokumentationszentrums, Brienner Str. 34, 80333 München
Uhrzeit: 19:00–21:00 Eintritt: frei, mehr Informationen und Programminfos demnächst auf www.forummuenchen.org

 

 

 

Sexualpädagogik für Männer

Ja, es ist ein besonderes Geschlecht, auch wenn es gelegentlich flüchtig erscheint …

… und auch wenn die Frauen eher im Fokus von Pharmazie und Verhütung standen.

Männer reden nicht.

Frauen werden viel mehr zur Auseinandersetzung erzogen, haben vielleicht auch anders mit ihrer Mutter zu kämpfen, die bei einem Jungen eher resigniert:

Der türkische Fehler, einen Pascha draus zu machen, passiert auch schon traditionell in vielen bayrisch-stämmigen Familien, und rächt sich manchmal bitter,

und nicht nur die Beschneidung mit samt Fest hebt den Wert des Mannes heraus: Alte Bräuche von Burschenvereinen bis „Büchsenmacher*“

zlibatrer SchreckDabei erleiden alle Jungs eine Variante der Inzest-Schranke, die so wenig ausgesprochen wird wie das Masturbieren, Onanieren oder Wixen, auch selten der erste nächtliche Samenerguss, während die Mädchen doch in allen „normalen“ Familien auf ihre ersten „Tage“, die erste Regelblutung vorbereitet werden:

Die Jungs hören in diesem Alter von der Mutter eher nur: „Du stinkst, wasch dich!“, weil die Mutter eine negative Konnotation zu ihrem stolzen Sprössling entwickelt: Die Psyche der Inzest-Schranke wirkt in den Geruchs-Sinn.

Was wir, mit allerlei Düften umgeben, nicht wahr haben wollen:

Wir wollen uns riechen können!

Die Nase würde uns viel besser sagen, ob wir zusammen passen, „wenn wir uns riechen könnten“. Aber wir wollen ja mit allen Mitteln die Natur austricksen …Polyamory.svg

Dabei sind wir zwischen Duschgels und Veilchenduft längst bei den Süßspeisen angekommen: Cocos und Vanille, Mango und Schokolade werden den jungen Leuten als Lockstoffe angeboten, auf die sie dann erstaunt hereinfallen, so lange die wirklichen Gerüche ausgeblendet werden.

Wer bin ich eigentlich?

Bevor die Frage halbwegs aus der Pubertät heraus zu beantworten begonnen wurde, sind die ersten Bedrohungen längst vorbei geschrammt: Bin ich schwul? Die alte binäre Frage hängt zwischen Freunden, wenn Vertrautheit wächst und Nähe nicht in brachiales Schulter-Klopfen verfremdet wird,

die absichernd gestellte Frage von Eltern, Onkeln und Tanten: Hast du schon eine Freundin“ kommt immer zu unvermittelt, unpassend. „Nein, ich bin ein LOOSER?“

Worüber kaum jemand redet: wie gut die Freundschaften auf spätere Beziehungen vorbereiten können, und dass auch vorüber gehende Beziehungen nicht schwul machen, höchstens die Ahnung von Bisexualität bringen, zu der wir – nach Freud – alle samt geschaffen wären und manche dann erst mit 30 oder 40 finden, oft zum Leid einer zu eng gewordenen Familiensituation, weil wir nicht gelernt haben, mit eigenen Wünschen und den Erwartungen der Anderen angemessen umzugehen.

Gereiftes Beziehungsleben wird in der „seriellen Monogamie“ aber selten vorgestellt, denn die dummen seriellen Ehen der Stars, die das post-faschistische Familien-Idyll der 50er und 60er Jahre sprengten, spielten immer nur die Wiederholung des alten Traums, wie es das aktuelle Hochzeitsgeschäft mit immer mehr Protz abfeiert:

„Der schönste Tag im Leben einer Frau“ will ein Star-Model feiern, das sich danach wieder dem Alltag ergibt … und der Kavalier darf die Hand reichen.

Auf dem Weg in eine aufgeklärte Welt suchten vor hundert Jahren die KünstlerInnen, Lebensreformenden und Wandervögel nach neuen Formen, doch dann kam Adolf’s Ideal der Hausfrau und Mutter zurück, mit dem Segen der Kirchen … allerdings mit einer ziemlichen Pleite der Mutterschafts-Ideologie, denn die Geburtenrate sank rapide: Die Menschen spürten, was in der Luft lag, wie es auch heute etliche merken …

Kann ein Mann auch poly-amor sein?

Bisher nicht, doof oder treu oder untreu, aber gleichzeitig?

Der naive Traum mancher Jungs: Lesben sind zwei Frauen für einen Mann 😉


*Büchsenmacher: Ländlich-bayrische Bezeichnung für einen Mann, der „nur“ Mädchen bekommt, wobei die XX / XY- Anteile dabei durchaus stärker zu sein scheinen …

„Zur Büchsenmacherei“ werden Wegweiser aufgestellt, es ist inzwischen ein ironisch / witzig gemeinter Brauch, der aber die alte männliche Erbfolge als Grundgedanken tradiert, wie sie in archaischen, auch aktuell zu uns kommenden Gesellschaften noch üblich und Denkmuster der Alten ist.